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Enttäuschender Ratsbeschluss nach unserer Diskussion mit Verkehrsexpert*innen
Am 21.02.24 konfrontierten wir die Verkehrspolitiker*innen der Ratsparteien in einer Podiumsdiskussion (->Flyer / Pressetext) mit unserer Kritik an der Planung des Bahnhofs-Vorplatzes KAP. Diese Kritik teilen auch VCD  und ADFC. Private Auto-Parkplätze und der wenig berücksichtigte Umweltverbund widersprechen zudem den Zielen von „Mobilitätsplan D“ (2019), dessen Umsetzungsstrategie wieder nicht zum angekündigten Termin (03/24) veröffentlicht wurde. (-> unsere Vorschläge zum KAP)
Aber kaum Auswirkungen auf die Ratsdiskussion am Tag darauf: Die mit der DB –  leider ohne einen Weselsky – ausgehandelte KAP-Vorlage wurde ohne Änderungen verabschiedet. Auch ein SPD-Antrag, der Teile unserer Kritik (zum Fuß- u. Schien-Enersatzverkehr) aufgriff, wurde abgelehnt, auch von den Grünen; die verteidigten mit hehren, entleerten Begriffen (M. Cordes) die mangelhafte Planung.  Nur  A. Vorspel (Die Linke), die das übergroße Hotel kritisierte, und C. Rütz (CDU), der bei der Plan-Realisierung auf Korrekturen hofft, gingen in ihren Beiträgen auf die Diskussion vom Vortag ein. (->Video zur Ratsdiskussion)
Zu unserer Kritik an der KAP-Planung u. zum  Hbf Berlin als good-practice hier
Zunächst zur Vorgeschichte: Im November 2023 hatte OB Keller eine Beschlussvorlage für die Ratssitzung am 9.11.23 gestoppt, weil aufgrund der Kritik von SPD und Grünen an der Planung keine Mehrheit zu erwarten war. Daraufhin wurde das Konzept zwischen Verkehrsdezernat und DB erneut verhandelt, am 17.1.24 dann eine veränderte KAP-Vorlage  im OVA verabschiedet. (->Info)
Im Bild links (aus dieser Beschlussvorlage) sieht man unten die ggeplante Fahrradgarage im Bunker (1b, blau) mit Zufahrt aus der Bismarckstr.,  mittig das Hbf-Gebäude (2b, orange) daneben das geplante Hotel-Hochhaus mit der Tiefgarage davor (2a, rot), deren Zufahrt über die Worringer Str. fehlgeplant ist.  Denn sie nimmt den Wegen des Umweltverbundes den Platz:  Dort verlaufen der Fußweg zum nord-östlichen Fernverkehrs-Busbahnhof und der parallele Radweg, zudem die Zufahrt zum Hotel und zu öffentlichen Parkplätzen (Sharing-Verkehre, Taxis, Notdienste), im Plan auch noch die Zufahrt zu 30 – unnötigen! – Kurzzeit-Parkplätzen. Dazu kommt auch noch der zeitweise umfangreiche Schienenersatzverkehr, der in der Planung noch gar nicht erwähnt ist. Ein solches Konzept für die Zufahrt zur Tiefgarage ist so nicht sinnvoll, dazu später mehr.
Im Bild rechts zur Veranschaulichung zunächst ein Schemabild auf Basis der OVA-Vorlage, gezeigt wird die Einbettung des Platzes mit geplantem Radverkehr (blau). Vor dem Hintergrund der 2019 im Rat beschlossenen Ziele des „Mobilitätsplan D“ – u.a. Umverteilung des öffentlichen Raums für den Umweltverbund – verweisen wir auf zentrale kritische Aspekte:
– Die verbliebenen 30 Kurzzeitparplätze (vorher 59) nehmen Platz weg für den Umweltverbund (u.a. für Sharing-Angebote u. Radabstellanlage), behindern Fuß- und Radverkehr und sind ein Relikt aus der autogerechten Stadt: völlig überflüssig für ein zukunftsweisendes Projekt, das dem „Mobilitätsplan D“ verpflichtet ist, Kurzzeitparken kann in die geplante Auto-Tiefgarage verlegt werden.
– Eine Ein- und Ausfahrt mit Gefälle in die geplante Bunker-Tiefgarage von der Bismarckstr. aus (Platz für 1500 Fahrräder) führt zeitweise zu einem gefährlichen Gedränge für Radfahrende. Ausweg: Zusätzliche Fahrstühle, die den Transport von Fahrrädern erlauben, und Abstellanlagen an beiden Seiten des KAP. Dadurch wird der Radverkehr quer über den Platz vermindert, und es entstehen Alternativen zum Parken in der „Bunker-Garage“, damit auch weniger Radverkehr an der Zufahrt.
– Die geplante Zufahrt zu der Auto-Tiefgarage (beim derzeitigen Parkplatz am Kino, Worringer Str.) liegt an einem Nadelöhr, wie oben schon dargestellt, offensichtlich eine Fehlplanung. Unser Lösungsvorschlag: eine Zufahrt z.B. auf der Immermannstr., mit viel (Bau-)Platz für eine Einfahrt und ideal, um den Autoverkehr über die Karlstr. aufzufangen. Auch der zeitweise umfangreiche Schienen-Ersatzverkehr braucht auf der Worringer Str. zusätzlichen Platz, was bisher in der Planung nicht berücksichtigt wurde. (Siehe dazu die Positionen des VCD u. ADFC)
– Die vorher genannten Maßnahmen ermöglichen mehr Platz für Fuß- u. Radverkehr, eine der grundlegenden Forderungen der Planungskritiker, zu denen vor dem 17.1.24 (Verabschiedung des Planungs-Kompromisses) auch N. Czerwinski gehörte, der Vorsitzende des OVA (->Antenne Df).
– Die Straße am Rand des KAP (parallel zum Schienenverkehr) sollte in einen Geschäftsbereich umgewandelt werden, wodurch Fuß- und Radverkehr sicherer passieren können. Dies wurde in der Planung bereits als Möglichkeit angesprochen, aber noch nicht eingeplant.
– Der derzeit geschlossene Bahntunnel an der südlichen Seite des Hbf sollte für den Radverkehr geöffnet werden, auch wenn die DB behauptet, dies ginge aus Sicherheitsgründen nicht, wg. wichtiger Leitungskabel. (Auch im Bunker, der für das Fahrradparken umgebaut werden soll, liegen wichtige Verteiler und Kabel der Telekom! ) Hierzu sollte zumindest eine Machbarkeitsstudie erfolgen.
– Und zuletzt machte Jan H. (ADFC) einen interessanten Vorschlag für eine Querung des Hbf-Geländes: Eine elegante Brücke für den Fuß- und Radverkehr über den Bahnhof hinweg könnte ein Schmuckstück für das Bahngebäude werden.
– Die Baumschutz-Gruppe forderte den Erhalt von möglichst vielen der 39 Platanen, votierte ursprünglich gegen eine Fahrradgarage im unterirdischen Bunker (->Position 2020). Darauf verschob OB Keller den Ratsbeschluss über die(12/23), für Nachverhandlung mit der DB. Die Grünen, SPD u. ADFC votierten gegen 59 Auto-Parkplätze, .
Unsere Forderungen zur Änderung bzw. Verbesserung der KAP-Planung:
Zum privaten Autoverkehr:
– Keine Kurzzeitplätze auf dem Platz, Verlegung in die Tiefgarage oder hinter den Bahnhof
– Tiefgaragen-Einfahrt verlegen auf die Immermannstr., so  Platz für Umweltverbund u. Fahrradparken
– genügend Fläche für die geplante Mobilstation an der Nordseite und für eine Radstation
Zum Fahrradverkehr:
– Fahrradstation an der Nordseite und Abstellanlage an der Südseite für dezentrales Fahrradparken
– einfache Zugänge zum Fahrradbunker, wenn der unverzichtbar erscheint, durch 3 Fahrradaufzüge
– sinnvolle Querung des Platzes ermöglichen
– Prüfung einer Freigabe des Bahnhofstunnels für’s Fahrrad
– alternativ evt. Prüfung neuer Ideen für die Bahnhofs.Überquerung (siehe Fahrradbrücke)
– Planung auf Barrierefreiheit überprüfen
Für Aufenthaltsqualität,  für Fußgänger und für’s Klima:
– Bäume am Nordeingang erhalten
– Keine Baumfällungen vor  Planungsabschluss u.Baubeginn von Tiefgarage und Fahrrad-Bunker
– Verkehrsberuhigte Geschäftsbereiche einrichten (-> Straße vor dem Platz und an südl. Zufahrten)
– Sicht- und Wegeachsen für Fußgänger ab Nordtunnel zu den Haltestelle und Innenstadt freihalten.
Es geht auch anders – das Beispiel Berliner Hbf
Ein riesig großer Platz vor dem Haupt-Eingang, viele Fahrradparkplätze an den Seiten, aber kein einziges privates Auto ist erlaubt: Von der einen Seite dürfen nur Taxis heranfahren (Bild li.), an der anderen Seite ist eine kleine Zufahrt für das Ein- und Aussteigen vorgesehen („Hin und weg“, rotes Schild). Selbst vor zwei angrenzenden Hotels gib es nur eine Zufahrtstr., die gemeinsam mit dem Taxi-Verkehr genutzt wird. Alle Fahrräder parken oberirdisch, wie das Bild rechts zeigt. Zudem sieht man die Taxi-Zufahrt und die Weite des Bahnhofsvorplatzes, ohne ein Privat-Auto.
Die eher autogerechte Planung des KAP mit Kurzzeit-Parkplätzen und wenig Berücksichtigung des Umwelt-Verbunds stammt aus dem Jahr 2017 – 2 Jahre vor der Verabschiedung des zukunftsweisenden „Mobilitätsplan D“. Dessen Ziel, Fuß- und Fahrrad-Verkehr sowie den ÖPNV zu stärken (mit Reduzierung des MIV u. des privaten Parkraums), widerspricht der inzwischen überholten KAP-Planung; die entspricht nicht mehr den heute gültigen Konzepten und Vorstellungen über Verkehrsplanung. In diesem Zusammenhang schreibt F. Gaub in ihrem aktuellen Buch „Zukunft“:
„Da die Zukunft immer das Ergebnis dessen ist, was wir in der Gegenwart fühlen, brauchen neue Werte auch neue Zukünfte.“ (S. 159) Für den Bahnhofsvorplatz formuliert bedeutet dies eine weitergehende Änderung der Planung vorzunehmen, als sie bisher durch die Verwaltungsvorlage im Verkehrsausschus am am 17.1.24 erfolgt ist.