• Beitrags-Kategorie:Allgemein
  • Lesedauer:16 min Lesezeit
35.000 Demonstrierende in Lützerath,  vorher Besetzung des Parteibüros der Grünen
Seit dem 10.01.23 war es soweit, CDU-Minister Reul ordnete die „Reulung“ von Lützerath an, die Reste des Dorfes sind zerstört, die Braunkohle darunter zum Verfeuern freigegeben, entsprechend des RWE-Deals der Grünen, unter Beifall aller übrigen Regierungsparteien. Dagegen protestierten am 35.000 Demonstranten am 14.01.23 bei Lützerath und erzwingen eine erneute Diskussion über die unnötige klimaschädliche Ausweitung des Braunkohleabbaus (->Studie des Dt. Instituts für Wirtschaft) – zu den Demos hier

Demonstration der 35.000 gegen den geheimen RWE-Deal

Trotz des stürmischen Regenwetters zeigten viel mehr Menschen als erwartet ihren Protest gegen den fortschreitenden Kohleabbau; als Folge entstehen weitere 280 Mio. t CO2-Emission, wodurch das vereinbarte Pariser Ziel, die Erderwärmung bis 2045 unter 1,5 Grad zu halten, wohl verfehlt wird. Die für den RWE-Deal verantwortlichen Grünen behaupten zwar, die Braunkohle unter Lützerath sei für die Energiesicherung nötig, das aber wird von Energie-Experten bestritten: „Der Abbau der Braunkohle unter Lützerath ist für die Netzstabilität nicht zwingend notwendig. Es gibt immer technische Alternativen,“ so ein Klimawissenschaftler der TH Regensburg (RP, 13.01.23). Und der acht Jahre frühere Kohleausstieg schon 2030, von den Grünen als Verhandlungs-Erfolg verbucht, wäre ohnehin gekommen, so Experten (->WDR-Kommentar). Klima-Experten werten den fortgesetzten Kohleabbau übereinstimmend als eine „politische Entscheidung“ – also nicht energiewirtschaftlich notwendig! (vgl. RP, 13.01.23). Diese Politik ist eine „Kapitulation vor Konzerninteressen“ (ethecon) zugunsten von milliardenschweren Gewinnerwartungen des RWE (taz, 7.1.23). Dagegen richtet sich der zivile Widerstand (->Campact-Petition), was auch in der „Kohle-Aktion“ vor dem Parteibüro der Grünen (am 09.01.) und der anschließenden Besetzung (am 12.01.23)  zum Ausdruck kam. (Zur Frage der Gewalt hier ein Erfahrungsbericht.)

Zum politischen Kontext und zu den Klima-Protesten 

CDU-Bürgermeister S. Muckel (Erkelenz) hatte sich gegen Polizeihilfe gewendet, aber der Landkreis parierte, die Räumung wurde „in guter Abstimmung mit der Landesregierung“ durchgeführt (RWE-Chef Krebber, RP,10.12.22). Die Verankerung des Widerstands in der Bevölkerung zeigte auch das Votum bei „Wetten dass“ für den Vertrter von „Lützerath lebt„, er spendete sein Preisgeld (50.000 €) für den Erhalt des Dorfes. – Bilder der Demonstration:

   

Besetzung des Parteibüros der Grünen  in D’dorf
Am 12.01.23 besetzten Klima-Aktivisten das Büro der NRW-Grünen, um deren Verantwortung für die Räumung und das Abbagerung von Lützerath anzuprangern. Die Bürobesetzung wurde in der Nacht zum 13.01. von der Polizei – mit mehr als 12 Mannschaftswagen vor Ort- friedlich beendet. Das Bild zeigt etwa 100 Demonstrierende vor dem Büro.

Schon am 09.01.23, vor Beginn der Abrissarbeiten in Lützerath am 11.01., hatte es wegen der bevorstehenden Räumung des Dorfes schon eine Protestaktion vor dem Parteibüro der Grünen gegeben, wobei den „Verkohlern“ Braunkohle-Briketts vor die Tür gelegt wurden.

Zur Kohle-Politik von NRW-Regierung und RWE
Gegen die klimafeindlichen RWE-Deal der grünen Landesregierung und für das Pariser 1,5°-Ziel demonstrierten wiederholt tausende Menschen, jüngst auf einer Demo in Lützerath am 12.11.22. Denn das Wegbaggern von Lützerath ist unnötig und bringt kaum eine CO2-Ersparnis: „Erneut wird die Polizei missbraucht, um eine verfehlte Politik durchzuprügeln.“ (M. Zobel, Naturführer) Eine Studie von „CoalTransitions“ kommt zu dem Ergebnis: „Selbst wenn die Kraftwerke [in D] noch in der zweiten Hälfte der 20er Jahre mit unwahrscheinlich hoher Auslastung betrieben werden, stehen auch ohne Inanspruchnahme von Lützerath mehr Vorräte zur Verfügung als benötigt.“ Entsprechende Ergebnisse in einer Studie des Dt. Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW): „In einem «realistischeren» Szenario gebe es tatsächlich gar keine Ersparnis gegenüber dem ursprünglichen Abschaltplan zum Ausstieg im Jahr 2038.“ (Westfalen-Blatt, 17.11.22).  (Schon 2020 wird in einem Kommentar des DIW nachgewiesen, dass bei Orientierung an den Pariser Klimazielen alle Dörfer im Garzweiler-Tagebau erhalten werden können.)
Die ethecon Stiftung „Ethik & Ökonomie“ kritisiert  den RWE-Deal deshalb als klimaschädlich und Kotau vor Profitinteressen: „Zum einen wird die Stilllegung der Kraftwerksblöcke Neurath D und E um 2 bis 3 Jahre hinausgezögert. Zum andern war die Außerbetriebnahme des Großteils der Kraftwerke bis 2029 geplant. […] Zudem wurden Neubau und Erweiterung der Gasinfrastruktur verhandelt, die eine Laufzeit von mehreren Dekaden hat. RWE wird also in den kommenden Jahren weiterhin in fossile Energien investieren anstatt zu 100% in Erneuerbare. Diese Ergebnisse sind unvereinbar mit dem 1,5-Grad Ziel des Pariser Klimaabkommens.“
Da wundert es nicht, dass der klimaschädliche Kohle-Deal nichtöffentlich ohne Beteiligung des Parlaments und der Öffentlichkeit ausgehandelt wurde, in intimer Runde der grünen NRW-Regierungsmitglieder (M. Neubaur, O. Krischer) und Bundesminister R. Habeck (!) mit den RWE-Vertretern; angeblich gab es auch keine Abstimmung in der NRW-Landeregierung, zudem sollten die Ergebnisse wohl erst nicht öffentlich werden (vgl. RP, 17.11.22, S.A6). Dies kann als Absage an nachhaltigen, transparenten Klimaschutz gesehen werden – eine Fortsetzung von Laschets Kohle-Politik! (Die Verfehlung der Klimaziele ist kein Kavaliersdelikt! – Satire)
Auch wenn weiterer Kohleabbau trotz Gaskrise nicht mehr bnötigt wird, hat RWE „zum 01.01.2023 einen Antrag auf einen neuen Hauptbetriebsplan gestellt, laut welchem der Tagebau Garzweiler II weit über die aktuell geltenden Abbauflächen des Hauptbetriebsplan hinaus erweitert werden soll“, vom BUND (Studie, 18.08.22) strikt abgelehnt. Dass fünf  Garzweiler-Dörfer – entgegen der ursprünglichen Abriss-Planung des RWE – erhalten bleiben, ist ein Erfolg der Demonstrationen rund um Garzweiler (s.u.) gegen die weitere Zerstörung der Heimat von bisher ca 40.000 Menschen – eben mit der Ausnahme Lützerath. Dabei verweist die NRW-Regierung auf ein OVG-Urteil, das die Räumung des letzten Bauernhofs  im Dorf erlaubt, und auf frühere Regierungs-Beschlüsse zugunsten des RWE. Der Stromkonzern, an dem viele Kommunen beteiligt sind und Gewinne für ihren Haushalt erwarten, hatte nämlich eine Garantie für die Fortführung des Braunkohle-Tagebaus gefordert: „RWE erwartet, dass weiterhin eine durchgehende Genehmigungssicherheit des Tagebaubetriebes erhalten bleibt.“ (RP, 26.11.21, S. B1) Wer ist hier Herr und wer Knecht?
Demonstration für Lützerath und das 1,5°C Klimaziel am 12.11.22
Mehr als 2000 Menschen demonstrierten am 12.11.2022 gegen die Ausweitung des klimaschädlichen Braunkohle-Abbau und  gegen den RWE-Deal der Landes-Regierung. Die Grünen wurden aufgefordert, aus dem klimaschädlichen Vertrag auszusteigen.

Schon am 21.10.2021 fand eine Demonstration mit vielen tausend Menschen für den Erhalt von Lützerath und den Stopp des Kohleabbaus  statt.

Laschets Räumung des Hambacher Forstes illegal, aber CDU verlangt eine Urteils-Revision – eine politische Posse!
Es ist gerichtsfest, dass Laschets Räumung des Hambacher Forstes im Herbst 2018 illegal war, im Interesse des RWE, wie das Gericht anmerkt (vgl. telepolis). Das Kölner Verwaltungsgericht stellt im Urteil vom 08.09.’21 fest, dass die Räumung des Hambacher Waldes illegal war: Die Begründung mit dem Brandschutz sei „nur vorgeschoben“ und „die Räumungsaktion (habe) letztlich der Entfernung der Braunkohlegegner aus dem Hambacher Forst gedient“. (telepolis, 9.9.21). Laschet soll nach einer WDR-Quelle gesagt haben: „Ich brauche einen Vorwand, sonst kann man da nicht tätig werden. Ich wollte den Wald räumen.“ Das haben natürlich im September 2018 alle schon gewusst, trotz der heuchlerischen Beteuerungen der NRW-Landesregierung. Für den illegalen Polizeieinsatz, einen der größten in der NRW-Landesgeschichte, mit Kosten von über 50 Mio.€, zahlt „der Steuerzahler“, leider nicht die dafür Verantwortlichen.

Und dann befiehlt Innenminister Reul der Stadt Kerpen, gegen das Urteil in Revision zu gehen, obwohl der Stadtrat dort mehrheitlich dagegen gestimmt hat. Diese erneute Gerichtsposse wird offenbar auch vom neuen NRW-Ministerpräsidenten Wüst geteilt, der in seiner Antrittsrede am 1.11.21 darauf nicht eingeht, aber – trotz eines in Aussicht gestellten Kohleausstiegs bis 2030 – offenbar weiter vom Abriss Lützeraths ausgeht (RP, 3.11.21) – in Nibelungentreue zum RWE! Dagegen stehen zehntausende Menschen aus der Ziviligesellschaft und die neuen Baum-Besetzer in Lützerath (siehe Bild).

Zum Verfassungsgerichtsurteil gegen das Klimagesetz und seine Folgen
Wegen des Versoßes der herrschenden Politik gegen die Zukunftsbedürfnisse Jugendlicher muss  das Klimaschutzgesetz bis 2022 reformiert werden. Die Umwelthilfe (DUH), die wie BUND und Greenpeace die Verfassungsklage unterstützt hat, fordert nun von der neuen Bundesregierung Sofort-Maßnahmen zur CO2-Reduzierung  und einen radikalen Kurswechsel in der Klimapolitik  (PM, 6.10.21). Als Sofortprogramm fordert die DUH in einer Pressemitteilung zu dem Gerichtsurteil u.a.:
  • Einführung eines Tempolimits auf Autobahnen von 120 km/h verbunden mit Tempo 80 außerorts und Tempo 30 in der Stadt
  • Beschleunigte Umsetzung der Verkehrswende, keine Zulassung von Neuwagen mit Verbrennungsmotor ab dem 1.1.2025
  • Abschaffung der Diesel- und Dienstwagensubventionierung
  • Vorziehen des Kohleausstiegs auf 2030 (PM, 30.4.21)
Diesen Forderungen entspricht das von der Regierungskoalition eilig zusammengebastelte Reformgesetz zum Klimaschutz in keiner Weise. Dirk Jansen vom BUND NRW hält deshalb den Reformvorschlag von CDU/SPD für einen „Angriff auf die Generationengerechtigkeit“: „Was muss noch passieren, bis die Verantwortlichen endlich einsehen, dass man planetare Krisen nicht mit halbherzigen Zielvorgaben meistern kann?“ (BUND).
Übrigens auch gegen das NRW-Klimaschutzgesetz haben junge Klimaaktivisten zusammen mit der DUH im Juli’21 eine Verfassungsbeschwerde eingereicht, sie wird durch eine Petition unterstützt.

Weitere Info: In Berlin arbeitet die Initiative German Zero an einem Gesetzesplan für Klimaneutralität bis 2035.

31.10.21 Demo für Klimaschutz und gegen Vertreibung durch das RWE in Lützerath
Für das Pariser 1,5 Grad-Ziel gilt es, die weitere Zerstörung von Dörfern durch RWE für die Braunkohle zu verhindern (Aufruf). Vor etwa 5000 Demonstranten sprachen sich zahlreiche Redner für den Erhalt von Lützerath und aller umliegenden Dörfer aus, gegen die Enteignungspolitik von RWE – für den klimaschädlichen Braunkohle-Tagebau.
E. Heukamp, der Besitzer des letzten Hofes in Lützerath (Bild unten), klagt gegen die Vertreibung aus seiner Heimat, bis zum Urteil des OVG Münster Anfang 2022 wird aber nicht abgebaggert, was ihm bzw. der Natur gehört. Die Aufschiebung der Räumung ist ein Erfolg der Klimaschutzbewegung, wie C. Reemtsma (F4F) in ihrer Rede betont.
Ein Vertreter der kolumbianischen Aktivisten gegen die dortige Umwelt-Zerstörung weist auf den Widerspruch der deutschen Politik hin, vor den internationalen wie der Glasgower Klimakonferenz  große Versprechungen zu machen, aber in Garzweiler gegen die Ziele des Pariser Abkommens zu verstoßen. Wir dankten ihm mit einem Sprechchor für die internationale Solidarität.

Und was tut der neue NRW-Ministerpräsident Wüst? In Nibelungentreue zum RWE will er Lützerath weiterhin abbaggern lassen, trotz des möglichen Kohleausstiegs schon bis 2030! Er sollte ehrlicherweise als CDU/RWE in die kommende Landtagswahl im Mai 2022 gehen.

Demo gegen Umsiedlungen und für ein Ende der Kohleförderung in Garzweiler bis 2030

Am 07.08.21 demonstrierten knapp 4000 Menschen mit einer 4 km langen Menschenkette zwischen Keyenberg und Lützerath gegen die Kohle-Politik der NRW-Landesregierung und Laschets. Der vertritt konsequent die Interessen von RWE am profitablen, aber die Umwelt zerstörenden Abbau von Braunkohle, wofür in NRW schon etwa 40.000 Menschen umgesiedelt werden mussten – chinesische Verhältnisse! Auch Lützerath und evt. auch Keyenberg sollen dem unsinnigen Kohle-Tagebau weichen, für dessen Verlängerung bis 2038 sich Laschet persönlich eingesetzt hat. Dagegen forderten die Demonstrant*innen beim Tagebau Garzweiler: Klima schützen! Dörfer retten! Kohle stoppen! Auch der BUND rief zu der Demo auf und fordert darüberhinaus „eine natur-verträgliche Energie-Revolution!“

Klimaschutz bei CDU/RWE: „Nichts als heiße Luft“
Aus Anlass der Feier von CDU/FDP zum 4-jährigen Bestehen ihrer Koalition in NRW (am 25.6.21) startete Campact eine „Ballon-Aktion“, um klarzumachen: Die CDU verhindert wirksamen Klimaschutz, trotz aller schönen Worte (Bild rechts).

Und wie zum Beweis für die Kritik wollte Laschet nochmals die Pendlerpauschale erhöhen, was die CO2-Steuer unwirksam macht, eine unsinnige Maßnahme nach Meinung von Experten. Eine Erhöhung des CO2-Preises für Benzin hält er zudem für einen „Kampf gegen Autofahrer“ (Welt online, 4.6.21) und verteidigt damit die klimaschädliche „Auto-first-Ideologie“ in Deutschland. Wahrscheinlich wird es unter dem neuen NRW-Ministerpräsidenten Wüst ein Weiter-So geben (s.o.).