“Wir müssen die Städte zurückerobern” (Auszug aus dem Interview in der RP vom 01.02.2021, S. D1)
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J. Ortiz ist Dramaturgin am Schauspielhaus D’dorf, sie führte das Interview anlässlich des aktuellen Theaterstücks “Volksfeind for Future”, das wg. Corona erst 2021 aufgeführt werden kann.
Elektroautos haben ein »grünes Image«. Warum stellen sie dennoch keine Lösung für die Umwelt- und Verkehrsprobleme dar, die wir heute haben?
Die Schwierigkeiten beginnen schon bei der Herstellung. Jedes Elektroauto emittiert im Zuge seiner Fertigung fünf bis sieben Tonnen mehr CO2 als ein vergleichbarer Pkw mit Verbrennungsmotor – das hängt vor allem mit der energieaufwändigen Produktion der Batterien zusammen. Dieser »ökologische Rucksack« muss erstmal abgefahren werden, bevor die theoretischen Vorteile eines Elektroautos zur Anwendung kommen können. Das wären bei einem kleinen Modell wie dem Renault Zoe etwa 40.000 km, beim Tesla S rund 120.000 km. Hier in den »grünen Bereich« zu kommen, ist fast nicht zu schaffen. Hinzu kommen Rohstoffprobleme. Der Abbau von Lithium verbraucht Unmengen an Wasser, und das in Ländern der Dritten Welt, wo nicht selten Wassermangel herrscht. Der Abbau von Kobalt ist mit Kinderarbeit und Kriegen verbunden. Das scheint mir keine Alternative zu unserer aktuellen Abhängigkeit vom Erdöl zu sein.
Warum sind Elektroautos meist Zweit- oder sogar Drittwagen?
Wir nennen das den Rebound- oder Bumerang-Effekt. Damit ist gemeint, dass ein Elektroauto in der Regel den Benziner oder Diesel nicht ersetzt und man fortan alle Fahrten damit durchführt, sondern dass das Elektroauto aufgrund seiner geringen Reichweite, der langen Ladedauer, der komplizierten Art zu tanken und des höheren Preises wegen dazu verleitet, es als Zweitwagen anzuschaffen. Längere Fahrten werden mit dem normalen Pkw durchgeführt, das Elektroauto vorwiegend dort genutzt, wo genügend Elektrotanksäulen vorhanden sind, also in der Stadt. […]
Woher kommt eigentlich der Strom für die Elektroautos?
Umfrage des ADAC: Verkehrsflächen zugunsten von Fußgängern und Fahrradfahrern neu verteilen!
Nach einer Online-Befragung unter 2000 Großstadtbewohnern (durchgeführt im September 2019, vor Corona!) stimmt eine große Mehrheit (42 %) dafür, Verkehrsflächen in der eigenen Stadt zugunsten von Fußgängern und Fahrradfahrern neu zu verteilen. Dafür sollen besonders der ÖPNV (von 35%) und der Fahrradverkehr (von 19%) gefördert werden, auch Fußgänger (von 12%) noch vor Autos im fließenden Verkehr (von 11% der Befragten). Den höchsten Stellenwert bei der Verkehrsplanung sollen „attraktive Aufenthaltsflächen, z.B. Sitzgelegenheiten, Plätze, Spiel- und Grünflächen“ erhalten.
Hier ein aussagekräftiges Ergebnis der ADAC-Erhebung zur Frage, welcher Bereich in der Verkehrsplanung am stärksten gefördert werden sollte.
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An Hauptverkehrsstraßen sollen „ausreichend breite Radverkehrsanlagen“ geschaffen werden, und zwar „auf Kosten des Kfz-Verkehrs“, wenn „mehrere“ Richtungsfahrspuren vorhanden sind.
- Die „Umwandlung von Parkstreifen in Radfahrstreifen“ wird befürwortet, wenn „bezahlbare Ausweichstellplätze für Bewohner und Besucher im nahen Umfeld bereitgestellt werden“.
- Für solche Maßnahmen sollen Betroffene und „ gesellschaftlichen Gruppen“ beteiligt werden.
(Alle Zitate und dargestellten Inhalte sind der PDF-Broschüre zum Expertendialog entnommen, die auf der Webseite des ADFC kostenlos heruntergeladen werden kann.)
Ein Beispiel auch für deutsche Großstädte?!
Superblocks – spanisch „Superilles“ sind Karrées mit Wohnhäusern oder ganze Stadtviertel, die für den Durchgangsverkehr gesperrt sind und wo für Radfahrer und Fußgänger Vorfahrt haben. Plätze in diesen Superblocks laden zum Spielen, Bummeln und Verweilen ein.

Zur Verdeutlichung der Umwandlung hier Bilder der praktizierten Verkehrswende, die im Stadtteil Poblenou mit Superblocks seit 2017 umgesetzt wird: